samenfeste Sorten und moderne Züchtungsmethoden

Saatgut erklärt: samenfeste Sorten und moderne Züchtungsmethoden

Über die richtige oder falsche Wahl des Gemüsesaatgutes wird nicht selten gestritten. Die Einen sehen in Hybridsorten Errungenschaften der modernen Pflanzenzüchtung mit z.T. hervorragenden Eigenschaften, für die Anderen müssen es im Garten unbedingt samenfeste und möglichst alte Sorten sein, denen hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen, eine gute Anpassungsfähigkeit, sowie guter Geschmack zugetraut wird. Die Meinungen sind sehr unterschiedlich. Einige Erläuterungen zur Pflanzenzüchtung können helfen, die Diskussion zu versachlichen.

Pflanzenzüchtung

Um die unterschiedlichen Sichtweisen besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Grundlagen und Entwicklungen der Pflanzenzüchtung. Denn wer weiss und versteht, wie Sorten entstehen, kann fundiert entscheiden, welches Saatgut für den eigenen Garten sinnvoll ist.

Auslese oder Selektionszüchtung

Seit die Menschen vor ungefähr 12.000 Jahren begonnen haben, Acker- und Gartenbau zu betreiben, entstanden auch erste Züchtungsaktivitäten. Über viele Jahrhunderte wurden Samen besonders gut wachsender oder ertragreicher Pflanzen gesammelt und für den Anbau im Folgejahr verwendet. Bei der Möhre wurden z.B. besonders grosse, fleischige und wenig verzweigte Rüben für die Gewinnung neuen Saatgutes ausgewählt. So entstanden über viele Jahrhunderte auch Pflanzen mit gelben, roten, orangenen oder violetten Rüben. Die gern als Urmöhren verkauften violetten Sorten, z.B. 'Gniff' oder 'Lila Lu SG' sind neuere Züchtungen, 'Purple Haze F1' mit angeblich „uralter Abstammung“ sogar eine Hybridzüchtung.

Über viele Jahrhunderte entstanden Sorten von Kulturpflanzen ausschließlich über eine intensive Auslese. So entwickelten sich im Laufe der Zeit samenfeste Sorten mit zum Teil guter Anpassung an bestimmte Standorte, die oft als Lokal- oder Landsorten bezeichnet werden. Aus Samen dieser Sorten wachsen Pflanzen mit genau oder annähernd gleichen Eigenschaften. So kann man z.B. Samen der Tomatensorte 'Ruthje' oder der Stangenohnensorte 'Blauhilde' im nächsten Jahr wieder aussäen und erhält Pflanzen mit fast genau den gleichen Eigenschaften. Auch bei Erbsen, Auberginen anderen Pflanzen, die Selbstbestäuber, sind, funktioniert der Nachbau vieler Sorten problemlos. Informationen zu Bestäubungsbiologie bietet die Seite Hortipendium.

Farbenfrohe Karottenauswahl

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Einpflanzung einer Kürbispflanze

Einpflanzung einer Kürbispflanze

Frische Tomaten am Zweig

Frische Tomaten am Zweig

Gezielte Kreuzungszüchtung

Erst im 19. Jahrhundert wurden durch Gregor Mendel die Grundlagen für die Kreuzungszüchtung erforscht. Er beobachtete, wie bestimmte Eigenschaften von Erbsen, Blütenfarbe oder Kornform, vererbt werden. Diese Arbeiten, die als Mendelsche Gesetze bekannt geworden sind, waren der Anfang der modernen Pflanzenzüchtung, bei der Vater- und Mutterpflanzen mit unterschiedlichen Eigenschaften gekreuzt werden, um so neue Sorten mit bestimmten Eigenschaften, wie Blütenfarbe, aromatischem Geschmack oder Standfestigkeit zu gewinnen. Diese Züchtungsmethode ist relativ langwierig, wird heute immer noch verwendet.

Hybridzüchtung

Bei der Hybridzüchtung, werden reinerbige Vater- und Mutterpflanzen miteinander gekreuzt. Dabei entstehen, so wie es das 1. Mendelsche Gesetz beschreibt, in der F1 Generation Nachkommen mit neuen, einheitlichen Eigenschaften.

Kreuzt man diese F1-Nachkommen miteinander, wachsen aus deren Samen nicht Pflanzen mit den Eigenschaften der Elternsorte, sondern es entstehen Pflanzen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Im Garten lässt sich das bei Hornveilchen beobachten. Die Samen von Hybridsorten bringen zwar deutlich erkennbar Hornveilchen hervor, die allerdings in Wuchs und Blüte sehr unterschiedlich ausfallen.

Die Hybridzüchtung basiert auf klassischer Kreuzung von Pflanzen einer Art mit unterschiedlichen Eigenschaften. Im Idealfall entsteht aus der Kreuzung zweier Pflanze eine neue Sorte, die sich in bestimmten Merkmalen (z.B. Wuchs, Eiweißgehalt der Samen oder Anfälligkeit für Krankheiten) von den Elternsorten unterscheiden. Aber auch in der klassischen Hybridzüchtung ist der Weg bis zur neuen Sorte lang.

Dank der Hybridzüchtung sind viele neue Sorten mit z.T. hervorragenden Eigenschaften entstanden. Mit Gentechnik, bei der Erbmaterial artfremder Arten eingeschleust wird, hat das erst einmal nichts zu tun, allerdings sind viele Techniken der modernen gentechnikfreien Pflanzenzüchtung schwer verständlich und sorgen so für Bedenken.

Wer mehr über moderne Züchtungsmethoden wissen möchte kann sich auf der Seite biooekonomie.de informieren.

Gärtner im Treibhaus
Kontrollierte Bestäubung von Tomaten
Tomatenpflanzen im Freiland
Treibhaus mit Tomaten und anderen Pflanzen
Tomatenvielfalt in einer Ernteschüssel
Ernte von Salat
Abgeschlossenes Treibhaus zur Verhinderung von Fremdbestäubung
Begutachtung von Getreide in den Händen

Für die Züchtung von neuen Sorten gibt es verschiedene Methoden. Die Sortenzucht bedarf viel Erfahrung und Know-How. Die Grundlagen für die Kreuzungszüchtung erforschte Gregor Mendel in seinen Arbeiten. Neben der klassischen Kreuzungszüchtung, bei der samenfestes Saatgut gewonnen wird, wird heute auch die Hybridzüchtung eingesetzt.

Der wichtigste Grund, sich gegen F1-Saatgut zu entscheiden liegt, darin, dass diese Sorten nicht nachgebaut werden können, man also nicht sein eigenes Saatgut erzeugen kann. Häufig ist auch die Kritik zu hören, dass die Hybridzüchtung die Abhängigkeit von grossen international agierenden Saatgutfirmen fördert.

Als Gegenbewegung dazu, dass F1-Hybriden immer mehr an Bedeutung gewinnen, sind einige Organisationen, z.B. ProSpecieRara und verschiedene Saatgutanbieter entstanden, die sich für samenfeste Sorten und genetische Vielfalt einsetzen. Bei Saatgut aus biologischem Anbau spielen F1-Hybriden kaum eine Rolle.

Entscheidet man sich für Saatgut aus Bioanbau, muss man allerdings nicht auf moderne Sorten aus aktueller Züchtung verzichten. So wird neben dem Erhalt von alten Sorten auch intensiv an neuen Züchtungen gearbeitet. So ist die Firma Sativa Rheinau bei der Züchtung neuer Sorten für die Landwirtschaft aktiv und in der Organisation OpenSourceSeeds - AGRECOL e.V. setzten sich Züchter für einen nicht kommerziellen Schutz neuer Sorten ein.

Unsere ProSpecieRara Samen

Christoph Hoyer

Dieser Text wurde von unserem Pflanzen­schutz­experten Christoph Hoyer verfasst.

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