Wildbienen und andere Besucher am Insektenhotel

Seit einigen Jahren erfreuen sich Insektenhotels grosser Beliebtheit. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Menschen mit einem selbst gebauten oder gekauften Insektenhotel einen Beitrag gegen das viel diskutierte Insektensterben leisten wollen. Im Vordergrund steht dabei meist die Förderung der so genannten Wildbienen, die auch als Bestäuber eine wichtige Rolle spielen.
In der Regel bestehen die klassischen Insektenhotels aus einem Rahmen, in den verschiedene Materialien eingebaut werden, in denen sich die Insekten verstecken können oder in die sie ihre Eier ablegen. Ein Dach mit entsprechendem Überstand schützt das Bauwerk aus Holz, Ton, Holzbeton oder Röhricht vor Niederschlägen.
Wildbienen
Der Begriff Wildbiene bezeichnet keine zoologisch exakt definierte Insektengruppe. Gemeint sind damit viele Bienenarten, ausser der Honigbiene. So zählen z.B. auch die verschiedenen Hummeln oder die parasitisch lebenden Goldwespen und Wespenbienen zu den Wildbienen.
Sehr ausführliche und interessante Informationen zu den Wildbienen bietet u.a. die empfehlenswerte Seite wildbienen.info.
Die Vielfalt der Wildbienenarten und ihrer so unterschiedlichen Lebensweise ist enorm. Nur ein sehr kleiner Teil davon nutzt die selbstgebauten oder handelsüblichen Insektenhotels tatsächlich.
In der Regel sind es nicht die seltenen und bedrohten Arten, sondern einige wenige Vertreter aus der Gruppe der Mauerbienen, die häufig in Gärten zu finden sind und dank ihrer Anpassungsfähigkeit an Nahrung und Brutgelegenheit auch ohne künstliche Bruthilfen auskommen.
Ausserdem brüten drei Viertel der heimischen Wildbienenarten im Boden und können daher mit den künstlichen Nisthilfen aus Holz, Stein oder Pflanzenstängeln nichts anfangen.
Besucher von Insektenhotels
Von den klassischen Insektenhotels werden hauptsächliche Solitärbienen angelockt, die ihre Eier in Hohlräumen verschiedenster Art ablegen. Solche natürlichen Hohlräume bieten in der Natur Pflanzenstängel, morsche oder rissige Hölzer oder Fugen und Risse in Mauern und Gesteinsformationen. Am häufigsten trifft man in Gärten die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) und die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta).



Die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) ist eine typische Art, die sich in Wildbienennistkästen einnistet und beobachtet werden kann.



Auch die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) trifft man häufig an den gänigen Wildbienennistkästen an.
Sie kann man schon im zeitigen Frühjahr an sonnigen Tagen beobachten, wenn sie in den bröckeligen Fugen einer Mauer, in einem Holzpfahl, oder zwischen den Nut- und Federbrettern des Gartenhauses verschwindet. Dort legt sie in einem Brutgang ihre Eier ab. Ausserdem deponiert sie reichlich Pollen als Nahrung für die aus den Eiern schlüpfenden Larven in die Brutröhre. Bei der Auswahl eines geeigneten Brutraums sind diese Mauerbienen nicht besonders wählerisch.
In einem naturnahen Garten finden die genannten Mauerbienen meist ausreichend Brutmöglichkeiten und sind nicht auf ein Insektenhotel angewiesen.
Die meisten Wildbienenarten, die man in Gärten z.B. auf Blüten oder im Rasen und zwischen Bodendeckern beobachten kann, legen ihre Brutgänge im Boden an. Man erkennt ihre Anwesenheit an den kreisrunden Löchern, die im Rasen, im Gemüsebeet oder in den Sandfugen des Terrassenpflasters zu finden sind.
All diese bodenbrütenden Arten lassen sich nicht durch das Aufstellen von Insektenhotels anlocken. Auch für solche Wildbienenarten, die ihre Brut in leeren Schneckenhäusern heranziehen, sind die typischen Insektenhotels nicht attraktiv.
Aus diesem Grund tragen künstliche Brutgelegenheiten normalerweise nicht dazu bei, die Vermehrung bedrohter Wildbienenarten zu fördern. Und auch die oft erwähnte Bestäubungsleistung durch Wildbienen wird durch das Aufstellen eines Insektenhotels kaum gefördert. Dennoch kann das Aufstellen von Insektenhotels Vorteile Nutzen bringen.



Wildbienen sind insbesondere angewiesen auf natürliche Lebens- und Schutzräume, sowie an ein breites Nahrungsangebot für die verschiedenen Arten.
Nutzen von Insektenhotels
Auch wenn künstliche Insektenbruthilfen so gut wie keinen Beitrag zum Insektenschutz leisten können, bieten sie eine hervorragende Möglichkeit sich mit dem hochinteressanten und komplexen Leben der Insekten vertraut zu machen. In einem Insektennisthaus zum Beobachten kann man sogar die Entwicklung vom Ei bis zur Puppe verfolgen, da die Brutröhren aus klarem Glas bestehen.
Gerade für Kinder und Jugendliche kann das Aufstellen eines Nistplatzes sinnvoll sein, da die Tiere so hautnah beobachtet werden können und dadurch das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Wildbienen anschaulich aufgezeigt werden kann. Auch können so die grossskaligen und wichtigen Zusammenhänge der Fauna und Flora und insbesondere der Rolle der Bienen der nächsten Generation mitgegeben werden.
Feinde der Mauerbienen
Mit etwas Glück findet man die auffällig metallisch blau und rot schimmernde Feuergoldwespe, die darauf wartet, unbemerkt ihre Eier in die Brutröhre der Mauerbiene zu legen. Die Larven der Goldwespe ernähren sich als Parasitoide von den Larven der Mauerbienen.
Auch sehr kleine dunkelgrau Fliegen mit auffällig roten Augen, die an Essig- oder Taufliegen erinnern, sind häufiger am Insektenhotel anzutreffen. Die Art Cacoxenus indagator, einen deutschen Namen gibt es nicht, hat es als Futterkonkurrent auf den Pollen in den Brutgängen der Mauerbienen abgesehen. Bei starkem Auftreten dieser Fliegen verhungern die Mauerbienenlarven oder entwickeln sich nur kümmerlich. Interessante Informationen zu dieser Fliegenart bietet die Seite naturgartenfreude.de



Zu den Feinden der Mauerbienen zählt die Gemeine Goldwespe (Chrysis ignita), deren Larven sich von der Larven der Mauerbienen ernähren, sowie die Art Cacoxenus indagator, die als Futterkonkurrent gerne die Pollen in den Brutgängen der Mauerbienen stiehlt.
Der Saemereien.ch-Pflanzenschutzexperte
Christoph Hoyer ist gelernter Gemüsegärtner und hat nach dem Studium der Gartenbauwissenschaften an der Universität Hannover, einige Jahre als Fachschullehrer und wissenschaftlicher Versuchsleiter im Gemüsebau gearbeitet. Danach war er fast dreissig Jahre als Dezernent beim hessischen Pflanzenschutzdienst für den Nützlingseinsatz im biologischen Pflanzenschutz, Erwachsenenfortbildung für Gärtner aller Fachrichtungen, sowie den Aufbau einer Online-Informationsplattform rund um den Pflanzenschutz im Garten und im öffentlichen Grün tätig. Heute ist Christoph Hoyer für Saemereien.ch als Experte rund um Fragen zu biologischem Pflanzenschutz, der Bekämpfung von Schädlingen und dem Einsatz von Nützlingen tätig.

Christoph Hoyer