Wundverschlussmittel an Bäumen und Ästen

Wund­verschluss­mittel bei Gehölzen: Pro und Kontra 

Bei den Schnittarbeiten an Gehölzen können grössere Schnittwunden an Ästen oder am Stamm entstehen. Zur Behandlung der Schnittstelle können Wundverschlussmittel eingesetzt werden, die dazu dienen, die verletzte Borke zu ersetzen. Welche Vor- und Nachteile der Einsatz dieser Mittel mit sich bringen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Entstehen beim Gehölzschnitt grössere Schnittwunden an Ästen oder am Stamm, wird gern eine Behandlung mit einem Wundverschlussmittel empfohlen. Sie soll dazu dienen, die verletzte Borke zu ersetzen. Kleine Schnittwunden von weniger als zwei Zentimetern Durchmesser sind i.d.R. unproblematisch. Sie verheilen meist recht gut, und bereiten kaum Probleme. Werden grössere Äste mit der Säge entfernt, liegt es nahe, ähnlich wie bei einer Verletzung der menschlichen Haut, die Wunde mit einem Wundschutz zu versehen. Ob handelsübliche oder selbst hergestellte Wundverschlussmittel eher nutzen oder gar schaden, wird z.T. kontrovers diskutiert.

Was sollen Wundverschlussmittel bewirken? 

Wird die Borke eines Gehölzes verletzt, besteht die Gefahr, dass Pilze durch diese Wunde in das Holzgewebe eindringen und es dort im Laufe der Zeit zu Fäulen kommen kann. Solche Faulstellen kann man z.B. bei Obstbäume an alten Schnittwunden oder Bruchstellen sehen. Am Rand der alten Schnittstelle bildet sich meist ein ringförmiger Wulst aus neuem Rindengewebe. Allerdings wird die kreisförmige Mitte normalerweise nicht von diesem Wundgewebe überwallt, so dass eine offene Stelle im Holz bleibt. An dieser Stelle kann im Laufe der Jahre das Holz morsch und faul werden. Nicht selten dringen die Pilze dann auch weiter in dicke Äste und Stamm vor.

Die Befürworter von Wundverschlussmitteln gehen davon aus, dass der Überzug eines Wundwachses oder eines anderen Wundverschlussmittels das Eindringen von holzzerstörenden Pilzen verhindert.

In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts waren handelsübliche Wundverschlussmittel sehr beliebt. Zum Teil wurde diesen Präparaten sogar fungizide Wirkstoffe beigesetzt, in der Hoffnung, dass diese Chemikalien die Wirkung verbessern würden.

Die allgemeine Regel lautete früher, dass das Wundverschlussmittel unmittelbar nach dem Schnitt gut und gleichmässig auf die gesamte Schnittstelle aufgetragen wird. Oft wurde auch noch darauf hingewiesen den Wundrand mit einem scharfen Messer zu glätten. So sollte ein wasserundurchlässiger Schutzfilm entstehen, der verhindert, dass Feuchtigkeit und Pilzsporen in den Holzkörper eindringen können.

In der Praxis konnte man allerdings häufig beobachten, dass der Wundverschluss rissig wurde. Ausserdem zeigte sich, dass unter dem wasserdichten Wundverschluss ein feuchtes und damit pilzfreundliches Kleinklima herrschte, das sich positiv auf die Entwicklung von holzzerstörenden Pilzen auswirkte. Besonders bei grossen Rindenverletzungen, z.B. nach Astbruch lassen sich die Wunden nicht steril verschliessen, wie man vielleicht in guter Absicht meint. Meist sind in solchen Bruchstellen oder auch auf grossen Schnittstellen Pilzsporen vorhanden, die unter dem anfangs scheinbar schützenden Wundverschlussmittel wachsen können.

Schnittstelle eines Seitenasts

Frische Schnittstelle eines Seitenasts 

Behandlung mit Wundverschlussmittel

Behandlung mit Wundverschlussmittel 

Vernarbung an einem Baumstamm

Vernarbung an einem Baumstamm 

Wundverschlussmittel aus heutiger Sicht 

Die auch von Baumpflegern jahrelang geübte Praxis des Wundverschlusses wird heute überwiegend kritisch gesehen, da sich der erhoffte Erfolg in der Praxis nicht eingestellt hat.

Heute werden Schnittstellen i.d.R. nicht mehr mit einem Wundverschlussmittel behandelt. Will man auf ein entsprechendes Mittel nicht verzichten, kann man bei grösseren Schnittwunden nur den Wundrand, z.B. mit Lauril Baumwachs, behandeln. Dieses Produkt dient primär zum Verstreichen der frischen Veredelungsstelle beim Kopulieren oder Pfropfen. In diesem Fall findet zwischen Edelreis und Unterlage tatsächlich eine komplette Verwachsung, also Neubildung von Gewebe statt.

Man kann Lauril Baumwachs auch auf kleine Schnittwunden auftragen, erforderlich ist diese Massnahme aber nicht.

Um nach dem Entfernen von Ästen das Eindringen von Feuchtigkeit und Pilzen zu vermeiden, sollten grössere Schnitte immer so erfolgen, dass Regenwasser auf der schrägen oder senkrechten Schnittstelle schnell ablaufen kann. Wichtig ist, dass die Schnittstelle trocknen kann. Ausserdem sollte man bedenken, dass die Wundränder schneller zuwachsen, wenn der Schnitt während der Wachstumsphase, also im Sommerhalbjahr erfolgt.

Schnittt eines Asts an einem Baum
Abgeschnittene Äste
Veredelung eines Kirschbaums

Aus heutiger Sicht werden die Schnittstellen an Ästen und Stämmen meist nicht mehr behandelt. Beim Schnitt ist jedoch darauf zu achten, dass Regenwasser auf der schrägen oder senkrechten Schnittstelle schnell ablaufen kann. Bei der Veredelung bildet sich zwischen den beiden Pflanzen neues Gewebe. 

Fazit 

Aus heutiger Sicht kann auf den Einsatz von Wundverschlussmitteln zur Versorgung von Schnittstellen bei Gehölzen verzichtet werden. Das Eindringen von Holzfäuleerreger lässt sich durch dieser Präparate nicht verhindern.

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Christoph Hoyer

Dieser Text wurde von unserem Pflanzen­schutz­experten Christoph Hoyer verfasst.

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